Montag, 2. September 2013
[Was soll das]
Lange nichts mehr geschrieben.
Manchmal will was raus, aber irgendwie verpufft es dann doch.
Manchmal gärt es aber.

Ich hatte mal eine beste Freundin, die ich sehr geliebt habe. Sie hatte ziemlich viele Macken, aber die habe ich ja auch.
Irgendwann wurde sie schwanger, von einer Affäre, einem Mann der von vornherein gesagt hatte, dass er keine Kinder will und das Schlimmste, was ihm eine Frau antun könnte, sei, dass sie ihm ein Kind andreht.
Während ich mir angesichts einer solchen Situation sehr gut überlegt hätte mit dem Kind, stand es für sie außer Frage - sie wollte es unbedingt, so als sei dies die letztmögliche Chance.
Die Schwangerschaft verlief sehr kompliziert, sie zog zu ihrer Mutter und schließlich musste sie wegen einer Gestose frühzeitig per Kaiserschnitt entbinden. Ich besuchte sie ihm Krankenhaus und war wirklich in Sorge um sie. Und sie schleuderte mir ins Gesicht, dass ihr sowieso alle Menschen egal seien, einzig ihre Mama und ihre Schwester nicht. Ich war abgemeldet.
Das hat mich damals sehr verletzt. Gerne wäre ich Patentante geworden, hätte vielleicht auch mein Verhältnis zu Kindern verbessert, indem ich miterlebte wie ihres aufwächst. Gerne hätte ich sie unterstützt. Aber ich hatte offenbar keinen Platz mehr in ihrem Leben. Ich bemühte mich trotzdem, den Kontakt zu halten, aber sie rief nie zurück und schließlich war der Zeitpunkt, an dem sie sich hätte noch melden können, ohne dass man es hätte großartig begründen müssen, warum so lange Zeit verstrichen war, mehrfach überschritten. Ich versuchte mich damit abzufinden, dass dieses Kapitel zu Ende war.

Irgendwann, Jahre später, habe ich sie einmal besucht, das Kind war noch klein, ein Windelträger, aber sehr agil. Sie wohnte jetzt in einer eigenen Wohnung über der Wohnung ihrer Mutter. Der Vater des Kindes hatte -wie vorauszusehen- sich nicht gefreut und nahm nur die Pflichten wahr, die das Jugendamt ihm abrang. Ich hatte zu der Zeit eine Affäre mit einem verheirateten Mann, die kurz, heftig und sehr unglücklich verlief. Eigentlich hatte ich sehr häufig unglückliche Beziehungen gehabt, gerne auch mehrjährig. Vielleicht war ich auch neidisch auf sie, da sie in der Familie halt fand, auch wenn die symbiotische Beziehung zu ihrer Mutter irgendwie beunruhigend war, ich meine: wer hängt sich bitte ein lebensgroßes, weichgezeichnetes Portrait seiner Mutter über's Bett?
Danach gab es wieder lange keinen Kontakt mehr.
Ich hatte inzwischen meinen zukünftigen Mann kennengelernt, da waren wir zu einer Hochzeit eingeladen, wo sie auch Gast war. Sie war mit ihrem Kind da, gesellte sich kurz zu uns an den Tisch und wir wechselten ein paar Worte, aber ihre Motivation, das Gespräch zu vertiefen, war eigentlich nicht da. Sie "müsse" zurück zu ihrem Kind, habe versprochen mit ihm zu tanzen, ganz den Umstand ignorierend, dass das Kind gerade viel Spaß mit anderen Kindern hatte. Mir war es eigentlich recht, obwohl ich einen Stich verspürte, die alte Wunde.
Wieder Jahre später.
Ich eröffnete einen facebook-Account mit meinem Klarnamen, den ich für Vereinsaktivitäten brauchte. Inzwischen hatte ich einen Doppelnamen nach der Heirat mit dem Lieblingsmenschen. Mein Account ist geschützt, das bedeutet, Menschen, die nicht mit mir "befreundet" sind, können keine Statusmeldungen oder Aktivitäten von mir sehen.
Vor einigen Wochen entdeckte ich eine Nachricht. Eine dieser Nachrichten, die unter "Sonstiges" abgelegt sind, weil sie nicht von "Freunden" stammt. Nachrichten, die man häufig übersieht.
Die Nachricht stammte von ihr. Sie ließ mich wissen, wie sehr es sie freue, dass ich schlussendlich doch glücklich geworden sei.
Statt mich zu freuen wurde ich wütend.
Wie großzügig! Wie jovial! Wie generös! Vielen Dank für die Anteilnahme an meinem Glück! Welches Glück? Das Glück des Doppelnamens? Ich meine: was weiß sie denn von mir und meinem Leben, außer, dass ich geheiratet habe? Woher will sie wissen, ob meine Ehe glücklich ist? Sie könnte doch ebensogut unglücklich sein wie all meine Beziehungen vorher? Sie weiß nichts von dem, was ich tue, was ich liebe, was ich hasse, womit ich meine Zeit verbringe. Woher glaubt sie irgendwelche Schlüsse ziehen zu können? Ist es tatsächlich so, dass Menschen solche Dinge einfach interpretieren und im Grunde die Fakten nicht kennen? Ticken die Menschen so?
Und dann: tatsächliches Interesse an meiner Person kann ich nicht erkennen. Sie möchte keine "Freundschaft" auf dieser Plattform, somit gehe ich davon aus, dass sie auch keinen weiteren Kontakt wünscht oder eingehendere Auseinandersetzung mit meiner Person. Warum dann so eine mehr als unbeholfene und deplatzierte Nachricht? Ich hätte sie ihr gerne um die Ohren gehauen und ihr gesagt, dass ich ihr danke für die Lehre, die sie mir erteilt hat in meinem Leben und dass ich hoffe, dass sie in ihrem Leben auch mal so richtig von jemandem fallen gelassen wird, dass sie sich davon Jahre nicht mehr erholt, aber offenbar mangelt es ihr dafür an Feingefühl und Empfindsamkeit, was ihre Nachricht mir hinlänglich gezeigt hat.

Ich sollte mich frei machen. Ich sollte verzeihen. Ich sollte mal entspannen und loslassen. Den Hass und die Enttäuschung loslassen und endlich frei werden....

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Eine Enttäuschung, die ich vollkommen nachvollziehbar finde. Das alles ist eine unschöne Geschichte, und das hinterließ bei mir das Gefühl, dass die besagte Freundin möglicherweise noch irgendwelche alten Neidgefühle oder ähnliches Dir gegenüber gehegt haben könnte, ohne dass Du davon wusstest. Vielleicht hat sie auch irgendwelche unausgesprochenen Erwartungen an Dich gehabt (die Du nicht ahnen konntest). Da scheint viel Altlast und viel Verdrehtes in Deiner früheren Freundin zu sein.

Es erinnert mich ein bisschen an den Abschied von meinem früheren besten Freund, der mir bitter vorwarf, seit ich meinen Mann gefunden habe, nicht mehr für ihn dagewesen zu sein. Er hat auch erwartet, dass man ihm alle Bedürfnisse und Wünsche von den Augen abliest, aber nie darüber gesprochen. Er war wichtig für mich, aber in einer Freundschaft kann meines Erachtens nach auch mal verziehen werden, wenn frisch Verliebte sich nicht an eine genaue Ordnung halten, wer denn nun "dran" ist mit melden usw.

Es ist schade, dass Freundschaften sterben, und umso bitterer, wenn man nicht begreift, warum. Das tut mir von Herzen Leid. Gibt es keine Möglichkeit für Dich, einen Abschluss mit ihr zu finden? Vielleicht eine Aussprache, so dass Du zumindest erfahren kannst, was damals eigentlich diesen Bruch verursacht hat? Ich glaube, ohne diese Dinge zu verstehen, ist das Loslassen nicht so einfach.

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Es gibt ja diese Theorie, dass Menschen in neue Lebensphasen eintreten und dann Beziehungen ggf. nicht mehr tragfähig sind, weil sich die Menschen und/oder die Umstände ändern. Ich denke, es ist einfacher zu akzeptieren, wenn so ein Hintergrund klar wird, man aber letztlich noch weiß, dass grundsätzlich Sympathie da ist und Wohlwollen, die Lebenswege nur einfach auseinandergehen.
Hier kann man es ja auch mitunter so erklären. Ein Kind kommt, alles verändert sich. Dennoch war da auch etwas anderes, eine Anmutung von "Ich brauche Dich jetzt nicht mehr", "Du hast jetzt keinen Platz mehr in meinem Leben".
Ich weiß nicht, ob sie neidisch auf mich ist oder war. Vieles hat sich verändert, seit sich unsere Wege getrennt haben.

Ich glaube, viele andere haben auch schmerzliche Erfahrungen gemacht mit Freundschaften. Erwartungen spielen eine große Rolle dabei.
In diesem Jahr ging auch eine sehr alte Freundschaft mit einem Knall zu Ende. Eine weitere, die nach näherem Hinschauen keine Freundschaft war, habe ich bewußt gekündigt. Der nächste Abschied hat sich unlängst angekündigt. So richtig weiß ich nicht, warum das alles so kommt, aber es hat diese alte Geschichte auf jeden Fall noch einmal hochkochen lassen.

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Ja, mit neuen Lebensphasen mag das zu tun haben. Manche Freundschaften überstehen so einen Wechsel nicht, aber wenn es tatsächlich daran hängt, dass man "nicht mehr gebraucht" wird, dann schmerzt das natürlich schon besonders. Weil es einem auch das Gefühl gibt, vorher nur gebraucht, nicht geliebt worden zu sein. Da bleibt ein schaler Nachgeschmack.

Mir tat es beim Lesen einfach so fürchterlich Leid, man merkt, wie es Dich getroffen hat.

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Hm. Ich habe ja viel gelernt im letzten Jahr. Auch, dass so Beziehungen ja in Balance sein sollten. Klar, klappt das in der Praxis nicht immer, das Konto ist auch mal im Minus, hier oder dort. Anders geht es nicht. Aber, wenn Dinge dauerhaft in der Schieflage sind und einer viel investiert, und nur wenig zurückkommt, oder gar gepaart mit so einem Schlag ins Gesicht, dann bleibt Dir nur, nach vorne zu gucken. Das Buch zumachen und ablegen unter "es war einmal". Ganz oft hängen wir viel zu lange Dingen nach, die am Anfang mal gut waren und dann immer schlechter wurden. Hoffen immer noch auf "besser.

Vielleicht hat sie es ernst gemeint, mit den Wünschen? Vielleicht hatte sie nur Trotzphase? Aber letztendlich besteht Ihr offenbar schon lange aus Mißkommunikation. Dann bringt es auch nichts, aufzuwärmen. Abschließen und gehen, das wäre wohl das Beste.

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Ich spreche es ihr durchaus nicht ab, dass diese guten Wünsche aus dem Augenblick heraus vielleicht auch ernstgemeint waren. Es ist nur so "billig" irgendwie. Nach allem, was gewesen ist, ein paar Sätze hinschreiben und dann vielleicht erwarten, dass man sie in guter Erinnerung behält? Ich finde, das reicht nicht, um die Schieflage geradezurücken, bei weitem nicht - sollte das die Intention gewesen sein.
Was meinst Du mit Trotzphase? Die hat dann aber jahrelang angehalten. Immerhin bin ich mehrfach auf sie zugegangen und habe kein Echo erhalten.

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Klar ist es "billig" und hinterlässt immer genau dieses schale Gefühl. Ich kenne eigene, ähnliche Anwandlungen aus alter Zeit, in der man plötzlich einen Schub bekommt, weil man vielleicht doch nostalgisch wird, oder da mal etwas war, dass man als Freundschaft kannte. Und dann hin- und hergerissen ist.
Trotzphase, in diesem Fall, ist vielleicht so ein Ausbruch, nicht das, was vorher war, der Stillstand. Es kann ja einfach nur Bewegung aus dem Alten sein. Hm..."Ambivalenz" trifft es vielleicht eher als Begriff.

Aber weißt Du, wenn das Gefühl Dir sagt, dass es nicht gut ist, dann vertrau darauf.

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