Montag, 8. März 2010
[begrabene Träume]
Jahrelang verschiebt man die Dinge, weil ja noch Zeit ist. Es drängt ja nicht, es gibt keinen Grund, die Dinge anzugehen. Und manchmal bräuchte es für den Start zur Verwirklichung eines Traums ja auch die eine oder andere Zutat, die man nicht selbst und eben nicht alleine beisteuern kann, manchmal, da lassen sich Träume eben nur verwirklichen, wenn man einen zweiten Ruderer mit im Boot hat.

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Warum ist W. denn nun nicht mit Dir zusammengezogen, frage ich sie ganz direkt und sie eiert ein wenig herum, vielleicht, weil sie es nicht wirklich weiß, denn er hat sich selbst auch gar nicht so klar artikuliert, schwammige Ausreden und vorgeschobene Argumente, Unterhaltszahlungen für die Tochter, der Unfall, die restless legs, das jahrelange Alleinewohnen und die Schrullen, mit denen das einhergeht, das Mißtrauen, das immer noch da ist, wegen der schlechten Erfahrungen aus seiner Ehe.
Zehn Jahre sind sie nun zusammen, haben einige Krisen durchgestanden, durch dick und dünn sozusagen und dann, dann ist man in einem Alter, wo man sich eben nicht mehr so leicht tut mit der Veränderung, mit einem Umzug, wo man vielleicht sagt, wenn ich jetzt umziehe, dann will ich da auch länger bleiben und nicht bloß zwei Jahre, also investiere ich da auch etwas mehr Geld, damit ich's dann auch auf längere Zeit schön habe und wenn man diese Entscheidung trifft, dann ist damit auch die andere Entscheidung abschlägig beschieden, dann kann man nicht nach zwei Jahren vielleicht sagen, ok, nee, wir machen es jetzt doch anders und ziehen doch zusammen, denn dann ist kein Geld mehr da, jedenfalls nicht in der Menge und die Kräfte und Nerven vielleicht ja auch nicht.
Und vor allem dieser Stachel der Enttäuschung, jetzt abgelehnt worden zu sein und zu wissen, daß diese Entscheidung jetzt auf längere Sicht, wenn nicht gar für immer getroffen wurde.

Plötzlich schießen ihr die Tränen in die Augen und in ihrer burschikosen Art sagt sie eben nicht, wie traurig sie das macht und wie verletzt sie deswegen ist, sondern "Du merkst ja, wie mich das anpißt", sagt sie und wischt sich trotzig die Tränen weg, schluckt alles runter und höhnt noch, ja, vor kurzem seien sie noch irgendwo unterwegs gewesen, ländlich und da habe er gesagt, "Ach, hier kann man ja auch gut wohnen".


Ein wenig kann ich es verstehen, es ist dieser symbolische Akt, der die Beziehung besiegelt oder eben auch nicht, das Sich-Bekennen, oder eben auch nicht.

Ich mag auch nicht über das Heiraten reden oder über Kinder, das Thema hat sich ohnehin erledigt. Und damals, da hätte man ja sagen können, ok, wir beide hauen ein paar Jahre richtig rein und leben sparsam und dann können wir vielleicht etwas kaufen oder etwas bauen, aber stattdessen Mietwohnung bei krankhaft verspießten Leuten.
Über die letzten 15 Jahre habe ich auch so manchen Traum begraben und so manche Kränkung eingesteckt.
Vielleicht heiraten wir ja doch mal, wer weiß, und was die Zukunft bringt, weiß keiner.
Und Träume kann ich ja trotzdem weiterhin haben.
Nur andere.



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Begrabene Träume
Begrabene Träume sind vor allem in dem Moment schlimm, an dem man es sich eingesteht.

Mir ging es letzte Woche so, als ich endlich begriff: Ich werde vermutlich keine Kinder haben. Ich hatte mir schon seit Jahren ein Zeitlimit gesetzt, hatt auch sehr viel Aufwand betrieben, die dazugehörige Mutter zu finden, stelle aber fest, daß es nicht sein sollte.

Die mir verbliebene Zeit bis zum Limit reicht nicht aus, um realistischerweise diesen Traum umzusetzen.

Nachdem ich das erkannt hatte, fielen auch eine Menge anderer Träume auseinander.

Aber wie Sie richtig sagten: Träume kann ich ja weiterhin haben. Nur andere.

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