Montag, 25. Januar 2010
[Obdachlosenzeitung]
Dieses Ding mit der Obdachlosenzeitung, habe ich das das schonmal thematisiert? Ich bin nicht sicher, denn immer noch bringt mich so ein Verkäufer einer Obdachlosenzeitung in die innere Zwickmühle.

Da steht also dieser Verkäufer und ich, ich könnte also ein gutes Werk tun und ihm eine seiner Zeitungen abkaufen. Das habe ich in der Vergangenheit auch schon getan, aber ganz ehrlich: die Zeitung hat mich nicht angesprochen, ich weiß nicht, was ich damit soll, außer sie direkt zu entsorgen. Und das wäre Quatsch, denn bei uns landen schon genug ungelesene Zeitungsseiten in den Papiermüll.
So, nun könnte ich dem Mann also Geld geben und sagen, daß ich die Zeitung nicht will. Dann bekäme er aber Geld ohne Gegenleistung, also einen Almosen, was dem Konzept des Verkaufs von Obdachlosenzeitungen widersprechen würde, denn die Leute sollen ja eben nicht betteln und ihr Geld so bekommen, sondern sie demonstrieren ja, daß sie etwas dafür tun.

Warum verkaufen die nicht normale Zeitungen?, frage ich mich. Und der Liebste erklärt, daß es ja durchaus so gewollt ist, daß diese Leute Dinge machen, die möglichst sinnfrei sind, damit sie keine Konkurrenz für den Rest der Gesellschaft darstellen.
Aber so ein Quatsch, denke ich oft, schließlich hätte ich mehr davon, wenn der Mann mir dabei hilft, meinen Balkon zu schrubben oder die Fenster oder die Treppe putzt, sowas halt.
Wäre es nicht sinnvoller, wenn es sowas gäbe wie Sozialversicherungsmarken und man könnte die Leute vom Fleck weg rekrutieren und sie dabei noch sozial absichern? Ich glaube, in Frankreich gibt es sowas.
Naja, Deutschland, hier geht sowas halt nicht.

Jedenfalls habe ich die Situation für mich immer noch nicht gelöst.
Meine Mutter kauft den Leuten dann immer was zu essen, Brot oder Bananen. Aber was macht man, wenn die dann kaum Zähne haben oder Banenen nicht mögen? Wäre ja auch gemein.

Da ist dann also dieser Obdachlosenzeitungsverkäufer, der jeden Tag am Bahnhof steht und immer freundlich ist. Er hat ein Frettchen und das Frettchen ist sein Freund.
Also dachte ich mir: kaufste Frettchenfutter und gibst es ihm. Das ist noch halbwegs sinnvoll.
Also ich am Freitag in der Zoohandlung Frettchenfutter gekauft, nach Wochen der Inkubationszeit versteht sich und dann auf dem Weg zum Arzt das Futter dabei, aber nirgendwo der Obdachlosenzeitungsverkäufer.
Und heute morgen schlurfe ich müde mit der Tüte zum Zug: ist er auch nicht da!

Das Leben macht es einem nicht leicht, denke ich. Es ist viel einfacher, jemandem zehn Euro in die Hand zu drücken, als unter Umständen tagelang vergeblich mit dieser nicht gerade kleinen Tüte Frettchenfutter herumzueiern.
Jetzt steht sie jedenfalls neben meinem Schreibtischcontainer.



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Ich find das gut, das mit dem Frettchenfutter!
Geld zu geben, das mag ich auch nicht. Kaufe auch eher mal was zu essen oder einen heißen Kaffee, frage dann auch nach, was gewünscht oder vertragen wird.

Dir wünsche ich, dass du das Frettchenfutter noch an den Mann bringen kannst. :)

LG,
Kathrin

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Na, wenn ich einmal entschlossen bin, bin ich ja hartnäckig. Heute war er allerdings wieder nicht da :-/

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Status: ausgeliefert.

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das freut mich.
ist es unpassend, nach der reaktion zu fragen?
(meint: gab es verwunderung z.b.?)

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Die Reaktion war eine Mischung aus Überraschung, Freude, Dankbarkeit.
Seltsamerweise war ich peinlich berührt und hinterher etwas zittrig. Heimliche Wohltaten sind mir irgendwie lieber....

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