Dienstag, 31. August 2010
[Bitte recht freundlich]
Und dann, nach einem vollgepackten Wochenende mit garantiert a) null Zeit zum Entspannen und b) unverhofftem Besuch und c) zwei Nächten schlechtem Schlaf und d) ab Samstag durchgehend beschleunigtem Puls und e) Sodbrennen wegen was weiß ich (ich glaub, es war der Chardonnay, der untypisch sauer war) und f) bis z) Krempel, jedenfalls auch keine Zeit irgendwas aufzuräumen, froh gewesen, daß ich wenigstens zwei Maschinen Wäsche koordiniert gewaschen und aufgehängt habe und da ruft dann am Montagabend die Hausverwalterin an, daß am Dienstagnachmittag um halb viere dann ein Handwerker käme, der mal auf unseren Balkon gucken wolle.
In manchen Situationen fällt es mir einfach schwer, da noch freundlich zu sein und generell habe ich eigentlich auch kein Problem, die Dame in unsere Wohnung zu lassen, wenn wir nicht da sind, aber nicht mit DEM Aufräumüberhang, wenn sie verstehen (zumal ich gerade noch das Katzenklo resetten mußte und das neue, aber jetzt schon wieder ausrangierte Klo jetzt auf dem Balkon steht und außerdem da noch eine rattenschwanzlange Geschichte dranhängt, die ich jetzt aber eigentlich keine Lust habe aufzuschreiben. Also nee.

Und dann schreibt so eine dumme Plunz mir eine Mail mit drölf Ausrufezeichen im Betreff und es würde eilen und man müsse sich jetzt für die Hochzeitszeitung von ihrer besten Freundin bitte noch Glückwünsche ausdenken bis morgen 18 Uhr, die haben da noch eine Seite frei in ihrer Zeitung und die Zeit ist ja knapp. Also, von der Frau habe ich auch echt den Papp auf, aber man kann ja nicht sagen, wie man's denkt, daß sie eine organisatorische Niete ist, daß sie außerdem sich zwischen Dezember (mein Hilfsangebot in Sachen Hochzeitsorganisation) und Juli (meine Mail mit Irritationsbekundung diesbezüglich) längst hätte melden können, daß ich mit ihrer persönlichen Hochzeitszeitungssuppe nichts am Hut habe und außerdem schonmal gar nicht springe, wenn sie Piep sagt, aber sie offenbar genau der Meinung ist und diesen Zahn müßte man ihr ziehen, und außerdem ist sie eine falsche Schlange, so wie dieser ganze Frauenhaufen, die alle hinter dem Rücken von T herumlästern, daß sich der Teufel schon freut, sich ihre Seelen eines Tages zu holen.
Nein, ich bin gut erzogen, ich bleibe freundlich und nett, ich werde irgendeinen halbherzigen Spruch senden und das ist mehr als genug, denn mit dem, was ich gut finde, könnten die eh nichts anfangen.

Und dann mich über mich selbst ärgern, weil ich einerseits gestern großkotzig das Prinzip der Periodisierung im Sport u.a. im Zusammenhang mit dem weiblichen Zyklus erklärt habe, dann aber in der eigentlichen Regenerationsphase des Zyklus Vollgas gebe und mit Muskelkater vom Feinsten belohnt werden.
Prost!



.

... link (0 Kommentare)   ... comment


[zerbrochen]
Die kleine Ilse war ein ungeliebtes Kind. Der Vater hatte die Mutter in den Nachkriegswirren sitzenlassen, so saß sie nun da mit so einem unehelichen Balg, das eigentlich nur im Weg war. Später lernte die Mutter ihre große Liebe kennen und bekam mit diesem Mann auch einen Sohn. Fortan war der Sohn ihr ein und alles. Wenn es Kartoffelsuppe gab, dann bekam der Sohn die Kartoffeln und die kleine Ilse bekam die Kartoffelschalen zu essen.
Trotzdem liebte die kleine Ilse ihren Bruder und kümmerte sich rührend um ihn, machte den Haushalt und als sie die Volksschule beendet hatte, sagte ihre Mutter, sie müsse arbeiten und dürfe nicht mehr zur Schule gehen. Ihren Lohn mußte Ilse der Mutter geben, für sich selbst konnte sie nichts behalten.

Aber Ilse hatte eine gute Freundin, Hanna, mit der sie jede freie Minute teilte, wenn sie daheim nicht arbeiten mußte. Sie kannte sich schon seit frühen Kindertagen und waren unzertrennlich.

Als die politischen Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone sich dramatisch veränderten, zog Hannas Familie nach Westdeutschland. Doch in den Sommerferien kam sie weiter in den Osten und verbrachte dort die Zeit auf dem Land und jede freie Minute war Ilse mit Hanna zusammen.
Hannas Familie war noch regulär übergesiedelt und sie hatten in einer größeren Stadt ihr Geschäft weitergeführt.

Später mußte Ilses Familie fliehen, sie kamen in den Westen und hatten nichts als die Dinge, die sie mit sich tragen konnten.

Fortan lebten Hanna und Ilse einige 100 km auseinander, aber dennoch sahen sie sich regelmäßig, denn Ilse fuhr in den Ferien zu ihrer Freundin.
Hannas Mutter sah, daß Ilse von ihrer Mutter ausgenutzt wurde und nicht mehr zur Schule gehen durfte. Da schlug sie vor, daß Ilse zu ihnen ziehen sollte. Sie könnte eine Ausbildung in ihrem Geschäft machen und auch weiter zur Schule gehen, damit sie etwas aus sich machen konnte. Sie sollte mit der Familie leben als wäre sie ihre Tochter, sie hatten schon ein Zimmer ausgesucht und Ilse war überglücklich.

Es gab wohl noch einige Dinge zu klären, jedenfalls schrieb Ilse einen Brief mit Fragen, damals telefonierte man ja noch nicht, doch auf diesen Brief gab es keine Antwort.
So schrieb sie noch einen Brief und dann noch einen und Brief um Brief blieb unbeantwortet.
Irgendwann kam ein Brief von Hannas Mutter. Ilse solle nicht mehr schreiben.
Keine Erklärung.
Ilse war verzweifelt. Was war geschehen? Was hatte sie falsch gemacht? Hatte sie Hanna oder ihre Familie verärgert? War sie wirklich nichts wert, so wie ihre Mutter es immer sagte? War das der Grund, weshalb man sie dort nicht haben wollte?

Ilse sitzt mir gegenüber. Heute ist sie über 60. Sie sagt: ich hatte nie wieder eine Freundin, es ging einfach nicht. Ich habe nur viele Bekannte.

Und hast Du nie wieder etwas von ihr gehört?, frage ich.
Die Mutter sei wohl noch regelmäßig in den Osten gefahren, erzählt sie und dort lebe ja auch noch ihre Stieftante. Hannas Mutter habe sich dann regelmäßig nach dem Befinden von Ilse erkundigt, sich auch einmal die Telefonnummer geben lassen, aber gemeldet habe sich nie jemand.

Wenn ich sie ansehe, wirkt sie kindlich und brüchig, diese kleine Frau.



.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 26. August 2010
[Gehversuche]
In den Anfängerkursen zu assistieren ist schon interessant. Schätzt man die Leute richtig ein? Wie werden sie sich entwickeln? Haben sie Spaß oder sind sie eher gestreßt? Vor allem die Männer sind ja häufig nicht freiwillig beim Tanzen, also ist es sehr wichtig, daß man sie lobt, Mut zuspricht. Ich denke, die meisten Männer geben schnell auf, weil sie sich schämen, daß alles nicht so gut klappt, weil die Frau meckert, sie würde nichts "merken", sprich: es mangele ihm an Führungsqualitäten. Dabei sind die Herren gerade am Anfang beschäftigt, ihre eigenen Füße zu sortieren und die Arme sind erstmal aus dem Fokus und an denen zerrt dann die Dame und will schonmal das Regiment übernehmen, weil der Mann es ja nicht kann.

Ein Paar gestern verhakte sich ständig mit den Füßen, ich weiß nicht, wie die das hinbekommen haben, aber sie standen sich wechselseitig drauf oder stellten sich Beine. Was sagen, wenn der neue Tanzlehrer denen direkt "Haltung" und damit viel Nähe verordnet, während ich sie lieber trennen würde, damit sie lernen, sich aus dem Weg zu gehen.
Tips gegeben. Viel gelobt. Lächeln vom schwitzenden Mann geerntet. Mut zugesprochen. Der vorwärts Agierende soll in den anderen "voll reingehen" und der rückwärts Agierende soll "Platz machen". Kleine Schritte! Musik ist erstmal egal, sie sollen Spaß haben, im eigenen Tempo lernen und nicht entnervt hinschmeißen.
Nicht sicher, ob der Tanzlehrer drauf pfeift und sowieso nur die guten behalten will.
Zum einen kann die Schule jeden zahlenden Kunden gebrauchen, denn der Renovierungsüberhang ist immens. Und zum anderen ist es doch vorrangig wichtig, ob man den Leuten die Freude an der Sache vermitteln kann und nicht nur das Streben nach Perfektion. Streß haben die ja im Alltag schon genug.



.

... link (0 Kommentare)   ... comment