Dienstag, 31. August 2010
[zerbrochen]
midori, 13:30h
Die kleine Ilse war ein ungeliebtes Kind. Der Vater hatte die Mutter in den Nachkriegswirren sitzenlassen, so saß sie nun da mit so einem unehelichen Balg, das eigentlich nur im Weg war. Später lernte die Mutter ihre große Liebe kennen und bekam mit diesem Mann auch einen Sohn. Fortan war der Sohn ihr ein und alles. Wenn es Kartoffelsuppe gab, dann bekam der Sohn die Kartoffeln und die kleine Ilse bekam die Kartoffelschalen zu essen.
Trotzdem liebte die kleine Ilse ihren Bruder und kümmerte sich rührend um ihn, machte den Haushalt und als sie die Volksschule beendet hatte, sagte ihre Mutter, sie müsse arbeiten und dürfe nicht mehr zur Schule gehen. Ihren Lohn mußte Ilse der Mutter geben, für sich selbst konnte sie nichts behalten.
Aber Ilse hatte eine gute Freundin, Hanna, mit der sie jede freie Minute teilte, wenn sie daheim nicht arbeiten mußte. Sie kannte sich schon seit frühen Kindertagen und waren unzertrennlich.
Als die politischen Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone sich dramatisch veränderten, zog Hannas Familie nach Westdeutschland. Doch in den Sommerferien kam sie weiter in den Osten und verbrachte dort die Zeit auf dem Land und jede freie Minute war Ilse mit Hanna zusammen.
Hannas Familie war noch regulär übergesiedelt und sie hatten in einer größeren Stadt ihr Geschäft weitergeführt.
Später mußte Ilses Familie fliehen, sie kamen in den Westen und hatten nichts als die Dinge, die sie mit sich tragen konnten.
Fortan lebten Hanna und Ilse einige 100 km auseinander, aber dennoch sahen sie sich regelmäßig, denn Ilse fuhr in den Ferien zu ihrer Freundin.
Hannas Mutter sah, daß Ilse von ihrer Mutter ausgenutzt wurde und nicht mehr zur Schule gehen durfte. Da schlug sie vor, daß Ilse zu ihnen ziehen sollte. Sie könnte eine Ausbildung in ihrem Geschäft machen und auch weiter zur Schule gehen, damit sie etwas aus sich machen konnte. Sie sollte mit der Familie leben als wäre sie ihre Tochter, sie hatten schon ein Zimmer ausgesucht und Ilse war überglücklich.
Es gab wohl noch einige Dinge zu klären, jedenfalls schrieb Ilse einen Brief mit Fragen, damals telefonierte man ja noch nicht, doch auf diesen Brief gab es keine Antwort.
So schrieb sie noch einen Brief und dann noch einen und Brief um Brief blieb unbeantwortet.
Irgendwann kam ein Brief von Hannas Mutter. Ilse solle nicht mehr schreiben.
Keine Erklärung.
Ilse war verzweifelt. Was war geschehen? Was hatte sie falsch gemacht? Hatte sie Hanna oder ihre Familie verärgert? War sie wirklich nichts wert, so wie ihre Mutter es immer sagte? War das der Grund, weshalb man sie dort nicht haben wollte?
Ilse sitzt mir gegenüber. Heute ist sie über 60. Sie sagt: ich hatte nie wieder eine Freundin, es ging einfach nicht. Ich habe nur viele Bekannte.
Und hast Du nie wieder etwas von ihr gehört?, frage ich.
Die Mutter sei wohl noch regelmäßig in den Osten gefahren, erzählt sie und dort lebe ja auch noch ihre Stieftante. Hannas Mutter habe sich dann regelmäßig nach dem Befinden von Ilse erkundigt, sich auch einmal die Telefonnummer geben lassen, aber gemeldet habe sich nie jemand.
Wenn ich sie ansehe, wirkt sie kindlich und brüchig, diese kleine Frau.
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Trotzdem liebte die kleine Ilse ihren Bruder und kümmerte sich rührend um ihn, machte den Haushalt und als sie die Volksschule beendet hatte, sagte ihre Mutter, sie müsse arbeiten und dürfe nicht mehr zur Schule gehen. Ihren Lohn mußte Ilse der Mutter geben, für sich selbst konnte sie nichts behalten.
Aber Ilse hatte eine gute Freundin, Hanna, mit der sie jede freie Minute teilte, wenn sie daheim nicht arbeiten mußte. Sie kannte sich schon seit frühen Kindertagen und waren unzertrennlich.
Als die politischen Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone sich dramatisch veränderten, zog Hannas Familie nach Westdeutschland. Doch in den Sommerferien kam sie weiter in den Osten und verbrachte dort die Zeit auf dem Land und jede freie Minute war Ilse mit Hanna zusammen.
Hannas Familie war noch regulär übergesiedelt und sie hatten in einer größeren Stadt ihr Geschäft weitergeführt.
Später mußte Ilses Familie fliehen, sie kamen in den Westen und hatten nichts als die Dinge, die sie mit sich tragen konnten.
Fortan lebten Hanna und Ilse einige 100 km auseinander, aber dennoch sahen sie sich regelmäßig, denn Ilse fuhr in den Ferien zu ihrer Freundin.
Hannas Mutter sah, daß Ilse von ihrer Mutter ausgenutzt wurde und nicht mehr zur Schule gehen durfte. Da schlug sie vor, daß Ilse zu ihnen ziehen sollte. Sie könnte eine Ausbildung in ihrem Geschäft machen und auch weiter zur Schule gehen, damit sie etwas aus sich machen konnte. Sie sollte mit der Familie leben als wäre sie ihre Tochter, sie hatten schon ein Zimmer ausgesucht und Ilse war überglücklich.
Es gab wohl noch einige Dinge zu klären, jedenfalls schrieb Ilse einen Brief mit Fragen, damals telefonierte man ja noch nicht, doch auf diesen Brief gab es keine Antwort.
So schrieb sie noch einen Brief und dann noch einen und Brief um Brief blieb unbeantwortet.
Irgendwann kam ein Brief von Hannas Mutter. Ilse solle nicht mehr schreiben.
Keine Erklärung.
Ilse war verzweifelt. Was war geschehen? Was hatte sie falsch gemacht? Hatte sie Hanna oder ihre Familie verärgert? War sie wirklich nichts wert, so wie ihre Mutter es immer sagte? War das der Grund, weshalb man sie dort nicht haben wollte?
Ilse sitzt mir gegenüber. Heute ist sie über 60. Sie sagt: ich hatte nie wieder eine Freundin, es ging einfach nicht. Ich habe nur viele Bekannte.
Und hast Du nie wieder etwas von ihr gehört?, frage ich.
Die Mutter sei wohl noch regelmäßig in den Osten gefahren, erzählt sie und dort lebe ja auch noch ihre Stieftante. Hannas Mutter habe sich dann regelmäßig nach dem Befinden von Ilse erkundigt, sich auch einmal die Telefonnummer geben lassen, aber gemeldet habe sich nie jemand.
Wenn ich sie ansehe, wirkt sie kindlich und brüchig, diese kleine Frau.
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